Diese systematische Übersichtsarbeit untersucht, ob Cranberry-Produkte Harnwegsinfektionen (HWI) wirksam vorbeugen können. Cranberries enthalten Proanthocyanidine (PACs), die verhindern, dass sich Escherichia coli an die Blasenschleimhaut anheftet, was die Entstehung von Infektionen reduzieren könnte.
Die Analyse umfasst 50 randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 8.857 Teilnehmern. Die Ergebnisse zeigen, dass Cranberry-Produkte das Risiko für symptomatische, durch Kulturen bestätigte Harnwegsinfektionen bei Frauen mit wiederkehrenden HWIs, Kindern und Personen mit erhöhtem Risiko nach medizinischen Eingriffen senken. Dagegen gibt es keine klare Evidenz für einen Nutzen bei älteren Menschen, Schwangeren oder Personen mit neurologisch bedingten Blasenfunktionsstörungen.
Fazit: Cranberries könnten für bestimmte Risikogruppen nützlich sein, jedoch sind weitere standardisierte Studien notwendig, um klare Empfehlungen abzugeben.
Hintergrund:
Harnwegsinfektionen (HWI) gehören zu den häufigsten bakteriellen Infektionen weltweit und betreffen insbesondere Frauen, Kinder und Menschen mit erhöhtem Infektionsrisiko, z. B. nach medizinischen Eingriffen. Antibiotika sind die Standardbehandlung, aber die zunehmende Resistenzentwicklung erfordert alternative Präventionsstrategien. Cranberries enthalten Proanthocyanidine (PACs), die die Anheftung von Escherichia coli an die Harnwegszellen hemmen und so Infektionen vorbeugen könnten.
Ziele der Studie:
Diese Cochrane-Übersichtsarbeit analysiert die Wirksamkeit von Cranberry-Produkten (Saft, Tabletten, Kapseln) zur Prävention von Harnwegsinfektionen in verschiedenen Risikogruppen und vergleicht sie mit Placebo, keiner Behandlung, Antibiotika oder Probiotika.
Methodik:
• Es wurden 50 randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) mit 8.857 Teilnehmern eingeschlossen.
• Die Daten stammen aus mehreren Datenbanken, darunter MEDLINE, EMBASE und Cochrane Central Register of Controlled Trials.
• Primäre Endpunkte waren das Auftreten von symptomatischen, kulturbestätigten HWIs, unerwünschte Nebenwirkungen und die Therapieadhärenz.
• Die Evidenzbewertung erfolgte mit der GRADE-Methodik.
Ergebnisse:
1. Effektivität von Cranberry-Produkten:
• Bei Frauen mit wiederkehrenden HWIs reduzierten Cranberry-Produkte das Infektionsrisiko signifikant (RR 0,74; 95 % CI 0,55–0,99).
• Bei Kindern mit HWI-Risiko war der Effekt noch stärker (RR 0,46; 95 % CI 0,32–0,68).
• Personen mit erhöhtem Infektionsrisiko nach medizinischen Eingriffen profitierten ebenfalls von Cranberries (RR 0,47; 95 % CI 0,37–0,61).
• Keine signifikanten Vorteile zeigten sich bei älteren Menschen (RR 0,93; 95 % CI 0,67–1,30), Schwangeren (RR 1,06; 95 % CI 0,75–1,50) oder Patienten mit neurogenen Blasenfunktionsstörungen (RR 0,97; 95 % CI 0,78–1,19).
2. Vergleich mit Antibiotika und Probiotika:
• Cranberries waren in zwei Studien nicht signifikant besser oder schlechter als Antibiotika (RR 1,03; 95 % CI 0,80–1,33).
• Im Vergleich zu Probiotika zeigten Cranberries in drei Studien eine stärkere Infektionsprävention (RR 0,39; 95 % CI 0,27–0,56).
3. Produktformen und Dosierung:
• Sowohl Cranberry-Saft als auch Kapseln und Tabletten reduzierten das Infektionsrisiko.
• Unterschiede zwischen den Darreichungsformen sind nicht eindeutig geklärt, möglicherweise wegen Variationen im PAC-Gehalt.
• Der optimale PAC-Gehalt ist nicht standardisiert, wobei 36–72 mg/Tag als wirksamste Dosis vermutet wird.
4. Nebenwirkungen und Adhärenz:
• Die häufigste Nebenwirkung war Magen-Darm-Beschwerden (RR 1,33; 95 % CI 1,00–1,77).
• Die Adhärenz war bei Cranberry-Saft geringer als bei Tabletten, vermutlich wegen des säuerlichen Geschmacks.
Schlussfolgerung:
Cranberry-Produkte können das Risiko für Harnwegsinfektionen insbesondere bei Frauen mit wiederkehrenden HWIs, Kindern und Risikogruppen nach medizinischen Eingriffen reduzieren. Die Wirkung variiert je nach Produktform und Dosierung. Für ältere Menschen, Schwangere und Personen mit neurogener Blasenstörung sind die Vorteile unklar. Zukünftige Studien sollten standardisierte PAC-Dosierungen untersuchen und Cranberries mit etablierten Präventionsstrategien vergleichen.